Seitdem hat sich die Musik oft gehäutet, rückbesonnen, nach vorne geblickt und immer weiter wachsende Fangemeinden gefunden. Sehr viele Konzert-Besucher sind gleichzeitig selber Musiker, die sogar ihre Instrumente zu den Events mitbringen, um sich in den Pausen nächtelangen gemeinschaftlichen Sessions hinzugeben. Die großen Festivals ziehen zigtausend Fans aus aller Welt an und präsentieren neben den Stars immer auch die neuen Entwicklungen. Und die Musiker werden immer jünger: In den USA sieht man unglaublich virtuose Kinder- und Familienbands, nicht einfach nur auf Leistung trainiert, sondern mit Feuer und Begeisterung für Mandoline, Geige, Banjo, Gitarre, Kontrabass oder Hawaiigitarre - den typischen Instrumenten der Bluegrass Musik. Auch wenn sie dabei die Zukunft im Auge haben, so zeigen die jungen Künstler dennoch großen Respekt vor den Gründungskünstlern und den klassischen Spieltechniken der einzelnen Instrumente. Die aktuelle Popmusik greift als musikalische Frischzellenkur verstärkt auf Bluegrass Elemente zurück: Banjos, Mandolinen, Fiddles, mehrstimmiger Gesang, typische Harmonien...vieles davon war schon vor langer Zeit in den Bergen der Appalachen zuhause.
Bluegrass Music
Längst hat sich die Bluegrass Music in ihrer nun über siebzigjährigen Geschichte in viele Winkel der Erde verbreitet. Sie entstand in den 1940er Jahren in den wilden Hügeln der Appalachen im Südosten der USA aus der Begegnung der Kulturen der neuen Siedler und der Sklaven. Es waren vor allem die Einwanderer aus Irland und Schottland, die ihre Tanzmusik und überlieferten Balladen in den abgelegenen Regionen als Unterhaltung pflegten. Dort begegneten sie der Musik der afrikanischen Sklaven, mit ihren raffinierten komplexeren Rhythmen und Gesängen. Dazu kamen Spirituals und Gospels mit mehrstimmigen Gesangstechniken. Diesen „Soundtrack" der Region machte Bill Monroe mit seinen Bluegrass Boys (benannt nach dem Bluegrass State Kentucky, wo das Gras etwas blauer wächst als anderswo) zur „Bluegrass Music". Elvis Presley formte daraus „Rock'n'Roll und Rockabilly" und die Elektrifizierung der Instrumente führte später zur „Country Music". Damit lagen damals schon die Wurzeln der amerikanisch geprägten heutigen Pop- und Rockmusik vor. Bluegrass selber, mit seinen wegweisenden Urgruppen wie Bill Monroe & His Bluegrass Boys, Stanley Brothers, Flatt & Scruggs und vielen anderen blieb rein akustisch und verschwand in den Blütezeiten des Rock'n'Roll beinahe von der Bildfläche. Erst die Hinwendung der städtischen studentischen Szene der 1960er Jahre mit ihren Folk Festivals und Folk Stars, aber auch der Wertschätzung einer „Kultur der einfachen Leute", führten zu neuer Begeisterung beim Publikum in Stadt und Land, nicht nur in USA sondern weltweit.